Risiken von Cannabis
Das Wichtigste in Kürze:
Cannabis kann akute Beeinträchtigungen wie Panikgefühle, Herzrasen und Gedächtniseinschränkungen verursachen
An einer Überdosis Cannabis zu sterben, ist praktisch unmöglich
Langfristige Folgen sind sowohl in körperlicher als auch in psychischer und sozialer Hinsicht möglich
Cannabis kann zu einer milden körperlichen sowie einer ausgeprägten psychischen Abhängigkeit führen
Zu hoher THC- und zu niedriger CBD-Gehalt machen den Konsum riskanter und in medizinischer Hinsicht weniger sinnvoll
Die Risiken von Cannabis: Kaum ein Thema vermag es so wie dieses, die Gemüter zu erhitzen, über wenige Themen wird so leidenschaftlich diskutiert und gestritten. Von denen, die Cannabis auf eine Stufe mit Heroin und Crystal Meth stellen, bis hin zu denen, die Marihuana jegliches Risikopotenzial absprechen, gibt es in Deutschland und weltweit die unterschiedlichsten Meinungen und Standpunkte zu den Risiken von Cannabis. Verursacht Cannabis Psychosen? Ist es unbedenklicher als Alkohol? Kann man von Gras süchtig werden? Versuchen wir, etwas Licht ins Dunkel zu bringen.
Akute Risiken
Kommen wir zunächst zu den unmittelbaren Risiken, die der Konsum von Cannabis mit sich bringen kann. Für gewöhnlich führt Cannabis-Konsum zu einem euphorischen Gefühl bei gleichzeitiger Gelassenheit. Dieses Gefühl kann aber auch ins Gegenteil umschlagen: Angst, Paranoia und Panikgefühle sind gerade bei zu hoher Dosierung möglich. In Extremfällen kann es zu Halluzinationen kommen, während eine Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnisses häufig festzustellen ist. Auch Übelkeit, Herzrasen und Schwindel zählen zu den möglichen Nebenwirkungen von Cannabis.1 Diese Symptome treten wiederum vor allem bei einer zu hohen Dosierung auf. Manche Menschen haben unterdessen das Gefühl haben, durch den Cannabis-Konsum ein Stück weit die Kontrolle zu verlieren und empfinden das als unangenehm.
Langfristige Folgen
Dauerhafter und regelmäßiger Konsum von Cannabis kann durchaus mit langfristigen Folgen verbunden sein. Unterschieden werden muss dabei zwischen körperlichen Folgen auf der einen Seite sowie psychischen und sozialen auf der anderen.
Langfristige körperliche Folgen
Sofern Cannabis geraucht wird, wirkt sich das bei regelmäßigem Konsum negativ auf die Atemwege aus. Besonders bei der Vermischung von Cannabis mit Tabak kann die Lungenfunktion auf Dauer stark beeinträchtigt werden und die Gefahr von Lungenkrebs erhöht sich. Hier ist primär aber der Tabak als Ursache auszumachen, auch wenn hinreichende qualitative Studien zu einer klaren Abgrenzung fehlen. An einer Überdosis Cannabis zu sterben, ist derweil praktisch unmöglich und noch nie vorgekommen2 – an einer Überdosis Koffein zu sterben ist beispielsweise deutlich wahrscheinlicher.
Verminderte Aufmerksamkeit, Konzentrationsfähigkeit und Lernfähigkeit: Diese Beeinträchtigungen der kognitiven Leistungsfähigkeit treten zum Teil bei starkem und regelmäßigem Konsum von Cannabis auf, wobei unklar ist, ob auch dauerhafte Hirnschäden möglich sind. Eindeutige Belege aus der Forschung fehlen zwar, es wird aber vermutet, dass sich Cannabis-Konsum in der Pubertät negativ auf das Hormon- und Immunsystem auswirkt, was wiederum zu einer verzögerten Entwicklung führen kann.
Langfristige psychische und soziale Folgen
Anhaltender, intensiver Konsum von Cannabis kann damit einhergehen, dass sich der Konsument aus dem sozialen Leben zurückzieht und so im familiären und beruflichen Umfeld auf diverse Probleme stößt. Aufgrund einer Gleichgültigkeit, die sich gegenüber Freunden, Familie, Beruf oder Schule einstellt, vereinsamt der Betroffene zusehends und verfällt so leichter in eine Depression. Erwiesen ist, dass Menschen mit derartigen Problemen häufiger Cannabis zu sich nehmen als der Rest der Bevölkerung.3 Unklar ist jedoch, ob der Cannabis-Konsum auch der Auslöser ist. Eine eindeutige Ursache-Wirkungs-Beziehung konnte bislang nicht bewiesen werden.
Unstrittig ist unterdessen, dass nach der Einnahme von Cannabis psychotische Symptome möglich sind. Besonders eine zu hohe Dosierung von THC (Tetrahydrocannabinol), dem psychoaktiven Cannabinoid in der Cannabispflanze, kann eine toxische Psychose zur Folge haben. So können Desorientiertheit, Halluzinationen und paranoide Symptome auftreten. Für gewöhnlich verschwinden diese Symptome jedoch nach einigen Tagen der Cannabis-Abstinenz wieder und führen nicht zu Folgeschäden. Eine „Cannabispsychose“, also eine dauerhafte Psychose, die ausschließlich durch Cannabiskonsum verursacht wurde, gibt es nach dem heutigen Stand der Forschung derweil nicht. Es existiert aber weiterhin die Hypothese, dass Cannabis ein „Trigger“ für Schizophrenie ist, also zum Ausbruch einer bis dato verborgenen Schizophrenie führen kann. Erwiesenermaßen konsumieren an Schizophrenie erkrankte Menschen häufiger Cannabis als der Rest der Bevölkerung.4 Auch hier ist aber unklar, ob diese Korrelation aus einer Ursache-Wirkungs-Beziehung herrührt, oder ob einfach viele an einer Psychose erkrankte Menschen Cannabis aufgrund der positiven Effekte als Therapie-Mittel nutzen, Marihuana aber nicht der Auslöser der Erkrankung ist. Sollten in der Verwandtschaft Fälle von Psychose vorliegen, dann ist in jedem Fall Vorsicht geboten im Umgang mit THC-reichem Cannabis.
Macht Cannabis süchtig?
Ein häufig aufgeführtes Argument für die Verwendung von Cannabis ist, dass es nicht süchtig machen kann. Das ist nicht korrekt. Sowohl „harte“ Drogen wie Heroin als auch „weiche“ – vor allem Alkohol und Tabak – können zu einer starken körperlichen Abhängigkeit führen. Liegt eine körperliche Abhängigkeit vor, dann rebelliert der Körper mit zum Teil sehr starken Symptomen, sogenannten Entzugserscheinungen, die es dem Abhängigen schwer machen, nicht wieder zu der Droge zu greifen.
Nun hört man häufig, dass Cannabis nicht körperlich abhängig machen kann. Das stimmt aber nicht. Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Appetitmangel, starkes Schwitzen und Übelkeit sind Symptome, die durch Cannabis-Entzug hervorgerufen werden können.5 Da diese Symptome aber vergleichsweise selten, nicht in so starker Form und für gewöhnlich erst nach intensivem und regelmäßigem Konsum auftreten, spricht man in Verbindung mit Cannabis von einer milden körperlichen Abhängigkeit.
Anders sieht es bei der psychischen Komponente aus. Ein bekannter Vertreter unter den Drogen, die eine starke psychische Abhängigkeit mit sich bringen, ist Kokain. Im Vergleich mit Kokain setzt eine psychische Abhängigkeit bei Cannabis-Konsum nicht so schnell ein, kann bei regelmäßigem Gebrauch aber auch einschneidende Folgen bedeuten: Innere Unruhe, Nervosität, Angstzustände, Aggressivität und Depressionen können dann nur durch den nächsten Joint gestoppt werden. Und auch abseits derartiger Symptome kann ein starker Wunsch, ja ein förmliches Verlangen, nach Cannabis entstehen. Symptomatisch für eine Abhängigkeit ist der erfolglose Versuch, den Konsum zu reduzieren oder einzustellen.
Nicht jeder Mensch ist gleichermaßen gefährdet, der Cannabis-Sucht anheimzufallen. Psychosoziale Risikofaktoren dafür sind unter anderem eine labile psychische Gesundheit, fehlender Rückhalt durch Familie und Freunde, soziale Perspektivlosigkeit, zum Beispiel bedingt durch Arbeitslosigkeit, traumatische Erlebnisse – und nicht zuletzt der Zeitpunkt des erstmaligen Konsums. Gerade bei Konsumenten, die unter 16 Jahren alt sind, ist eine spätere Abhängigkeit wahrscheinlicher.6 Ein wichtiger Faktor für die Entwicklung einer Cannabis-Abhängigkeit ist die Toleranzentwicklung, die der Körper erwiesenermaßen THC gegenüber entwickelt. Wer also immer mehr und mehr Cannabis konsumieren muss, um ein „High“ zu empfinden, der sollte sein Konsumverhalten ernsthaft infrage stellen.
Je nach Quelle ergeben sich zwar recht unterschiedliche Zahlen, es kann aber davon ausgegangen werden, dass circa fünf Prozent aller Cannabis-Konsumenten eine Abhängigkeit entwickeln.
Fazit: Konsum in Maßen – und mit hohem CBD-Gehalt
Der Konsum von Cannabis ist mit Risiken verbunden. Punkt. Genau wie bei Alkohol oder Tabak ist ein verantwortungsbewusster Umgang mit der Hanfpflanze essenziell. Gerade bei Jugendlichen kann exzessiver Konsum schwerwiegende Folgen haben. Umso wichtiger wäre es daher, Cannabis in Deutschland zu entkriminalisieren, zu kontrollieren und zu reglementieren.
Entscheidend ist dabei vor allem ein Faktor: der THC-Gehalt. Cannabis-Züchtungen vom Schwarzmarkt enthalten seit Jahren mehr und mehr THC – und weniger CBD (Cannabidiol).7 Betrachtet man den therapeutischen Nutzen von Cannabis, dann wird eines schnell klar: Cannabis wirkt als ganzheitliches Produkt beziehungsweise Extrakt deutlich besser als etwa pures CBD. So haben THC und CBD diverse Synergien. Nichtsdestotrotz: Ein zu hoher THC-Gehalt – wie er mittlerweile häufig üblich ist – kann eher zu einer psychischen Abhängigkeit führen und ist auch in medizinischer Hinsicht nicht sinnvoll. Deutlich besser ist der Konsum von Cannabis, in dem CBD und THC in einem angemessenen Verhältnis vorhanden sind – genauso wie die so wichtigen Terpene und Flavonoide.
Cannabis als medizinisches Produkt zur Bekämpfung der verschiedensten Beschwerden zu nutzen, ist absolut zu empfehlen. Und auch der psychoaktive Effekt des THC muss nicht verteufelt werden, sondern kann ein willkommener Nebeneffekt sein. Aber wenn das durch das THC hervorgerufene „High“ in den Mittelpunkt rückt, wenn man den nächsten Joint nicht mehr abwarten kann, um endlich seine Probleme hinter sich zu lassen und seine Ängste zu vergessen – dann kann Cannabis-Konsum definitiv auch zum Problem werden.
- https://www.aerzteblatt.de/archiv/169158/Risiken-bei-nichtmedizinischem-Gebrauch-von-Cannabis
- Turner R., Agrawal S. Marijuana Toxicity. StatPearls. 2019: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK430823/
- Cerdá, M. et al. Persistent Cannabis Dependence and Alcohol Dependence Represent Risks for Midlife Economic and Social Problems: A Longitudinal Cohort Study. Clinical Psychological Science, 4(6), 1028–1046. 2016: https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/2167702616630958
- Hall, W. The Mental Health Risks of Adolescent Cannabis Use. PLoS Med 3(2): e39. 2006: https://journals.plos.org/plosmedicine/article?id=10.1371/journal.pmed.0030039
- Ferguseon, D. M. et al. Early onset cannabis use and psychosocial adjustment in young adults. Addiction, 92: 279-296. 1997: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/j.1360-0443.1997.tb03198.x
- Ramesh, D. et al. Marijuana dependence: not just smoke and mirrors. ILAR journal vol. 52,3: 295-308. 2011: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3606907/
- https://www.aerzteblatt.de/archiv/169158/Risiken-bei-nichtmedizinischem-Gebrauch-von-Cannabis
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